Einojuhani Rautavaara

*  9. Oktober 1928

†  27. Juli 2016

von Samuli Tiikkaja Mikko Heiniö Kalevi Aho

Essay

Rautavaaras umfangreiches Œuvre ist stilistisch vielschichtiger und heterogener als das anderer finnischer Komponisten seiner Generation, obwohl diese ebenfalls neoklassizistische, dodekaphone und neotonale Einflüsse erfahren haben. Von neuen kompositionstechnischen Errungenschaften und einer schon im Notenbild modernen Textur ist Rautavaara mehr als einmal zu einer weichen und wohlklingenden, nahezu tonalen Harmonik und Melodik übergegangen, zu einem insgesamt »romantischen« Ausdruck. Er selbst hat einmal gesagt: »Ein Romantiker kennt keine Koordinaten. Er lebt im Gestern oder Morgen, nicht im Heute. Sein Platz befindet sich dort und da, nur nicht hier« (zit. n. Heikinheimo 1979).

Rautavaara beherrscht einerseits die konstruktive Seite des Handwerks und tendiert andererseits zum Intuitiven und Mystischen. Sein Konstruktivismus zeigt sich nicht nur in seriellen Arbeiten wie dem Orchesterwerk Arabescata (1962), sondern auch in der Synthese des musikalischen Materials, die er z.B. in der Oper Thomas (1982/85) erreichte. Sein Hang zum Mystizismus äußert sich vorrangig in Themen und Texten, die religiös-metaphysischen Stoffkreisen vom Schamanismus bis hin zum griechisch-orthodoxen Glauben entstammen. Musik definiert er als »Wachstumsprozeß des klingenden Materials«; der Komponist ist für ihn eher Gärtner als Architekt. Nie hat sich Rautavaara an kompositorische Verfahrensweisen gebunden, weil Verfechter ...